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2011-03-15

Zurück vom winterlichen Baikalsee

So, wir sind nun wieder im Lande. Hier ein Kurzbericht unserer Baikal-Winter-Radexpedition:
Cycling on snow covered lake Baikal



“Sport im Winter bei extremen Minusgraden? Das geht doch nicht”, sagen uns einige Freunde. “Da hat man doch das Problem, dass man die produzierte Hitze und den Schweiß nicht los wird und dass man dann unweigerlich auskühlt”. Sport mit Abenteuer zu verbinden ist dann noch ein Schritt weiter. Sport in der Natur und Wildniss, ohne am Abend ein warmes Zimmer oder gar eine heiße Dusche, ohne Hilfe von außen, auf sich selbst angewiesen – das ist dann die richtige Herausforderung. Diese haben wir uns herausgesucht und angenommen: Eine Wintertour mit den Mountainbikes von der Nord- bis zur Südspitze des Baikalsees zu fahren – auf dem Eis und Schnee. Nur wir zwei.

Von Deutschland aus ist der Baikalsee sehr weit weg und wir brauchten fünf Tage Anreise, bis wir in Severobaikalsk aus der Bahn steigen konnten. Aus dem beheizten Zugwaggon in die minus 25 grad kalte Winterluft, das war die erste Umstellung für uns. Die zweite war der tägliche Rhythmus, der uns von der Temperatur, der Tageslänge und unseren begrenzten Urlaubstagen auferlegt wurde. Unser Plan war es, von Nischneangarsk nach Kultuk auf dem zugefrorenen Baikalsee innerhalb von 5 Wochen zu fahren.  

Start der Mountainbike Expedition war am 31.1. bei schönstem sonnigen und kalten Winterwetter. Aber schon am Abend des 1.2. kam ein heftiges Schneetreiben auf und wir fanden die Fahrzeugspuren auf dem Eis in Richtung Baikalskoje kaum noch. So bekamen wir gleich vom Wetter gezeigt, wer sich nach wem zu richten hat. Die Kälte störte uns dabei kaum, da wir gute Ausrüstung und gute Erfahrungen von anderen Kältetouren hatten. Nur der Wind und der tiefe Schnee ärgerte uns. Aber wir kamen voran, und das war die Hauptsache. 

Die nächste Frage für uns war es, jeden Abend einen geeigneten Zeltplatz zu finden. Auch hier lernten wir aber schnell dazu, uns nach den Bedingungen auf dem Eis zu richten. So bekamen wir bald schon ein Gefühl dafür, wo das Eis in der Nacht ruhig unter uns ist oder wo es zu lauten Knalls und Donnern im Eis kommen wird. In der Nacht nicht schlafen zu können, weil es unter den Isomatten permanent rumpelt, donnert und zuckt, wo es zu regelrechten Gewittern und Erdbeben kommt, ist psychisch stark aufreibend. Schliesslich weiss man ja nicht, wie nah der gerade entstandene Riss oder die Eisaufwerfung stattfand. Der See ist zwar in der Regel dick zugefroren, aber besonders in der Nacht bei den tiefen Temperaturen arbeitet das permanent unter Spannung stehende Eis. Nach unserer diesbezüglich sehr abenteuerlichen ersten Nacht auf dem See suchten wir uns zukünftig eine ruhige große Eisplatte, oder verbrachten die Nacht gar am Ufer. Eine gute nächtliche Erholung brauchten wir, da wir doch jeden Tag von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang unterwegs waren und dabei täglich etwa 5 Stunden aktiv auf den Fahrrädern waren. Wir legten täglich zwischen 25 und 50 km zurück – je nachdem, wie die Eis- oder Schneequalität war. Oft halfen uns die küstennahen Autospuren auf dem See, um gut und schnell voranzukommen. Oft gab es auch weite Flächen mit dunklem Blankeis, wo wir frei und “querfeldein” unsere Richtung einschlagen konnten. 

Blankes, schwarzes Eis, ideal zum radeln.
Von Baikalskoje fuhren wir weiter an der Westküste nach Kotelnikovskij. Dann überquerten wir den See und fuhren an der Ostküste nach Süden. So kamen wir an den kleinen Siedlungen Dawscha und Kurbulik vorbei, ehe wir die Ortschaft Ust-Bargusin erreichten. Auf dieser Strecke hatten wir den meisten Schnee auf der Piste und mußten an manchen Tagen einige Kilometer und einige Stunden schieben. In Ust-Bargusin konnten wir neuen Proviant einkaufen und fuhren dann gerade über den See an die Nordspitze der Insel Olchon. Für diese 150 km lange Überquerung benötigten wir etwas mehr als 2 Tage. Mitten auf dem See trafen wir zwei Fischer, die mit ihrem Auto zu uns fuhren, um nachzusehen, was denn da aus dem Nichts plötzlich in Richtung Olchon fuhr. Sie konnten es nicht glauben, dass wir schon seit über 2 Wochen auf dem Eis unterwegs sind. Ebenso erwartete uns ungläubiges Staunen, als wir in Chuschir bei einem Gästehaus mit den beiden Mountainbikes vorfuhren und dort einen Ruhetag einlegten. Hier ergänzten wir wieder unseren Proviant und unseren Benzinvorrat für den Kocher. 

Unser Speiseplan war kalorienreich, abwechslungsreich und schmackhaft. Zum Frühstück gab es eine große Portion Müsli mit Trockenfrüchten, Vollmilchpulver und Zucker. Am Morgen wurden die beiden großen Thermoskannen befüllt, die wir wärend des Tages bei unseren Pausen entleerten. Während des Tages gab es alle 2 Stunden eine Pause, wo wir einen süßen Energiebrei, Nüsse, Energieriegel, süßen Tee und Schinken aßen. Natürlich mußten die Lebensmittel rechtzeitig vorher in der Innentasche der Jacke “aufgetaut” werden, da ja bei Außentemperaturen weit tiefer als in einer Tiefkühltruhe alles hart gefroren ist. Am Abend kochten wir wieder mit dem Benzinbrenner. Es gab wahlweise Nudeln, Reis, Couscous, Buchweizen oder Kartoffelpüree mit Trockengemüse und Sahnesauce. Oft wurde das Abendmenü noch mit einer heißen Schokomilch mit Zimt und Zucker ergänzt.

Von Chuschir aus fuhren wir wieder zurück an die Nordküste von Olchon, um dann an der Ostseite der Insel nach Süden zu kommen. Der gesamten Westküste des Baikalsees blieben wir dann treu bis nach Listvianka, Port Baikal und Kultuk. Besonders die Küstenlandschaft der Ostseite von Olchon hatte uns sehr gut gefallen. Wir trafen keine Menschen, dafür Wölfe, es gab viele grandiose Felswände und es gab gutes Eis zum Fahren. Manchmal konnte man sogar die Steine des Seebodens durch das klare Eis sehen. Aber auch die Strecke zwischen Olchon und Bolschoje Goloustnoje hatte uns wegen der schönen abwechslungsreichen Küste gefallen. Ab Bolschoje Goloustnoje trafen wir auch andere Touristen auf dem Eis, entweder Russen per Auto oder Europäer mit dem Rucksack. Oft waren wir dann die Attraktion und wurden fotografiert oder gefilmt.

Ab Port Baikal hatten wir für etwa 20 km in tiefem Schnee, auf dem wir nur sehr langsam vorankamen. Dann wurde die Piste besser, der Schnee fester und wir konnten wieder mit den höheren Gängen fahren. Als wir am 2. März in Kultuk ankamen, hatten wir in 27 Radeltagen 1050 km auf dem Eis zurückgelegt. Waren die Temperaturen am Anfang der Expedition noch bei minus 40 grad in der Nacht und minus 20 grad am Tag gelegen, so wurde es uns immer wärmer, je weiter wir nach Süden kamen. Pünktlich zum 1. März kam der Frühling mit minus 5 grad und wir schwitzten mit unserer Winterbekleidung. Daran mußten wir uns nun wieder gewöhnen. Drei Paar Socken waren jetzt zu viel, die Thermo-Unterwäsche war jetzt nicht mehr nötig und die Robbenfellstiefel wurden zu Backöfen.

Auch an den Straßenverkehr mußten wir uns notgedrungen gewöhnen, wollten wir doch die Strasse M55 von Kultuk nach Irkutsk selbst mit den Fahrrädern zurücklegen. Einen Dank an die vielen LKW-Fahrer, die sehr rücksichtsvoll überholten, auch an den vielen steilen Steigungen. Die Minibus-Fahrer koennen da allerdings noch dazulernen. In Irkutsk kamen wir bei heftigem Schneegestöber an – so starken Schneefall hatten wir auf dem See an keinem der Tage.

Nach 7 Wochen ist jetzt unsere Tour beendet. Uns hatte die Tour auf dem Baikal besonders wegen grandiosen Natur, der stillen Winterlandschaft und der freundlichen Menschen gefallen. Es war nicht das erste mal, dass wir in Sibirien und Russland unterwegs waren, es wird auch nicht das letzte mal gewesen sein.

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